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„Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes.“

(1. Korinther 2,11)

Obwohl die Informatik eine junge wissenschaftliche Disziplin ist, hat sie Helden wie Alan Turing. Er war ein außergewöhnlicher britischer Mathematiker, der 1912 in London geboren wurde. Turing verfasste wegweisende Arbeiten zur Berechenbarkeitstheorie und dem Konzept der Turing-Maschine, die die Grundlage der modernen Computerwissenschaft legte. Während des Zweiten Weltkriegs hatte er einen entscheidenden Anteil bei der Entschlüsselung des deutschen Enigma-Codes.

Nach dem Krieg legte Turing den Grundstein für das moderne Verständnis von Künstlicher Intelligenz (KI). In seinem berühmten Artikel „Computing Machinery and Intelligence“ (1950) stellte er die Frage „Können Maschinen denken?“ und führte den Turing-Test ein. Dieser Test soll feststellen, ob eine Maschine menschliches Verhalten so nachahmen kann, dass ein menschlicher Beobachter sie nicht von einem echten Menschen unterscheiden kann.

Turing glaubte, dass eine genaue Beschreibung des menschlichen Gehirns es ermöglichen würde, einen Algorithmus zu schreiben, der die gleiche Intelligenz wie ein Mensch hat, bekannt als „Starke Künstliche Intelligenz“ oder „Artificial General Intelligence“. Allerdings sind sich Wissenschaftler nicht einig, was menschliche Intelligenz ausmacht. Heutige KI-Programme übertreffen den Menschen nur in Teilbereichen der kognitiven Intelligenz und der Mustererkennung. Programme wie ChatGPT, Perplexity, LaMDA und andere KI-Programme bestehen heute den Turing-Test, sind jedoch keine „Starke KI“. Ihre beeindruckenden Leistungen haben mit „Starker KI“ und Bewusstsein nichts zu tun. Ihre „Intelligenz“ ähnelt eher der eines sehr komplexen Taschenrechners.

Die KI, die uns heute immer vielfältiger zur Verfügung steht, ist die sogenannte „Schwache KI“. Sie leistet viel und kann unsere Arbeitswelt erleichtern. Doch ob es jemals eine „Starke KI“ geben wird, steht in den Sternen.

Somit muss die Dystopie vieler Romane und SF-Filme mit der Vorstellung einer menschengleichen KI als neuer Turmbau zu Babel auf unabsehbare Zeit verschoben werden.

In der Bibel heißt es: „Auf, steigen wir hinab, und verwirren wir dort ihre Sprache, so dass keiner mehr die Sprache des anderen versteht.“ (Genesis 11,7)

Eine „Sprachverwirrung“ ganz eigener Art haben wir mit unseren anthropomorphen Bezeichnungen trotzdem! Vielleicht sollten wir die Vermenschlichung der Maschine aufgeben und nicht von „Künstlicher Intelligenz“, sondern von kognitiven, lernfähigen Maschinen sprechen.

Mit dieser Präzision der Beschreibung dessen, was geht und was nicht geht könnten wir uns dann nüchtern mit den Chancen und Risiken der sogenannten „Schwachen Künstlichen Intelligenz“ beschäftigen!

Ein Wort noch zu Alan Turing. Der Pionier der Informatik wurde wegen seiner Homosexualität angeklagt und zu einer chemischen Kastration gezwungen, was schließlich zu seinem Suizid führte. Erst 2013 sprach Königin Elisabeth II. postum ein „Royal Pardon“ aus.

Dr. Karl Teille